Tag 5

Im feinen Yachtclub Monasteria Münster über Nacht festgemacht. Ja, hier liegen Yachten, die ihren Namen verdient haben.

Uns wurde ein Platz zwischen Booten zugewiesen, die dem Äußeren nach zu urteilen niemand mehr richtig gerne hat. Wir nehmen’s mit Humor und freuen uns über die gediegene Anlage mit tollen Duschen. Mit den sanitären Anlagen hatten wir bislang ohnehin keine Probleme. Überall in den Clubs ist ein guter Standard vorzufinden.

Heute geht es in Richtung Minden. Wir werden unsere ursprüngliche Reiseroute ändern. Die sollte uns über den Dortmund-Ems-Kanal in den Küstenkanal führen. Von dort sollte es an Oldenburg vorbei auf die Weser gehen. Dem Rat des Lüdenscheider Yachtclub-Vorsitzenden folgend, biegen wir am “Nassen Dreieck” in den Mittellandkanal ein. Mittellandkanal, ein Name, der mir seit dem Erdkundeunterricht in der Grundschule verhaftet ist. Mit dem ich jedoch nie so recht etwas anfangen konnte. Lassen wir uns überraschen.

Die erste kleine Panne zwingt uns zu einem Stopp. Bei der Fahrt in einen Stichkanal hat die Bootsschraube jede Menge Seegras aufgewickelt. Der Motor ächtst und stottert. Gut, einen komplett ausgestatteten Taucher an Bord zu haben. Im Nu ist die Schraube befreit und es geht weiter.

Erneut beim Lieblingsthema – tanken. Mit der bereits jetzt verfeuerten Menge an Sprit fahre ich mit dem Auto von Frankfurt nach Berlin und zurück. Und zwar zweimal.

Doch darum geht es ja nicht. Wir haben Spaß, genießen die Zeit und wundern uns, wie die Tage nur so verfliegen.

Ohnehin habe ich das Gefühl, mich in einem 3D-Kino zu befinden. Nur ist das Ganze live. Herrlich.

Langsam beginnt mir mein Daumen das Schreiben übel zu nehmen. Denn dieser Bericht wird auf einem Smartphone verfasst. Sehr mühselig, muss ich gestehen.

Dann wohl doch aus Zucker. Sind bei bestem Wetter besagten Kanal in West-Ostrichtung geschippert und nun in Bad Essen angekommen. Die Wetter-App verhieß nichts Gutes und so sind wir vom gewohnten Ritual abgewichen, im Boot zu nächtigen. Tolles Hotel gefunden, keine Frage. Die Nacht bleiben wir mit Sicherheit trocken. Boot abgedeckt, Klamotten raus und zack, das zweite Malheur. Noch auf dem Bootssteg reißt der Gurt meines vermeintlich wasserdichten Seesacks und wie im schlechten Slapstick fällt der Sack ins Wasser. Das darf doch nicht wahr sein! Schnell rausgeholt und dennoch zu langsam gewesen. Im Hotelzimmer muss ich feststellen, dass jedes einzelne Kleidungsstück stellenweise nass geworden ist.

Die Ironie an der Geschichte ist nicht etwa, das der “Drecksack” doch nicht wasserdicht ist, sondern, dass der vorhergesagte Regen an uns vorbei gezogen ist. Die Moral von der Geschichte – wären wir bloß unserem Ritual treu geblieben. Oder – immer optimistisch bleiben.

Zu Beginn der Schilderungen hatte ich versprochen, ein paar Worte zu uns zu verlieren. Vielleicht weniger darüber, wer wir sind, sondern warum wir diese Reise unternehmen.

Die Idee dazu ward vor vier Jahren geboren. Und Jahr um Jahr verschoben. Denn so eine Reise will in einer Familie ihren Raum finden. Doch jetzt war es höchste Zeit, sie anzutreten. Nicht nur um der gemeinsamen Freude am Bootfahren willens. Sondern weil die Zeit dafür reif ist. Denn die Pubertät kann ein Vater-Sohn-Verhältnis ganz schön auf die Probe stellen. Keine neue Erkenntnis. Aber neu für die Beteiligten. Und wenn der Vater merkt, dass er vom (Eigen-)Leben des Sohnes zunehmend weniger mitbekommt, wird es Zeit zum Handeln. Auf einem so kleinen Boot können wir uns einfach nicht aus dem Weg gehen. Eine wunderbare Gelegenheit, auf den anderen einzugehen. Auch für zwei Dickköpfe. Die Reise ist noch nicht zuende. Noch nicht mal Halbzeit. Schön!

6 Antworten auf „Tag 5“

  1. Hallo, hier schreibt der drecksack, der grad im feuchten Dreieck war. Wasser ist nun mal nass. Schön dass Bruder und Neffe sich dich pubertät teilen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass solche intensiven Momente erst Jahre später so wunderbar zur Geltung kommen. Habt weiterhin Spass, ihr verkappten landratten

  2. bei den Wechseljahren gibts aber keine Pickel,
    & Mann / Frau kann auf ne Menge Erfahrung zurück blicken.
    Das ist in der Pubertät nicht so, aber anstrengend ist sicherlich beides

    1. Falten sind doch die Geschichten des Lebens, oft sehe ich Menschen, die so gar keine Geschichten haben,
      das ist traurig & trägt nicht zur Attraktivität bei.

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